Bis zum Dreißigjährigen Krieg - die sorbische Bevölkerung in der Stadt und auf dem Land
(15. und 16. Jahrhundert)
Durch den Landesausbau und die Kolonisation entstanden nicht nur neue ländliche Siedlungen, es kam auch zu vielen Stadtgründungen, an denen die sorbische Bevölkerung einen erheblichen Anteil hatte. Die sorbischen Siedlungsgebiete gehörten bis 1635 als Nebenländer der Habsburger zu Böhmen. Der Meißner Raum (Sachsen) war ab 1423 Kurfürstentum der Wettiner, die Mark Brandenburg wurde ab 1411 von den Hohenzollern verwaltet.
sorbische Stadtbevölkerung
An der städtischen Entwicklung nahm auch die sorbische Bevölkerung teil, wenn diese oft von bestimmten Bürgerrechten ausgeschlossen wurde. Die städtischen Handwerker schlossen sich schon Mitte des 14. Jahrhunderts zu Zünften zusammen. In einer Reihe von Städten war allerdings die Aufnahme eines sorbischen Handwerkers in eine Zunft verboten. Auf Grund dieser Benachteiligungen kam es im Jahre 1405 zum Bautzener Handwerkeraufstand. Drei Jahre nach der Eroberung des Rathauses von Bautzen und der Wahl eines neuen Rates aus sorbischen und deutschen Handwerkern ließ König Václav, bis 1419 König von Böhmen, die Mitglieder dieses Rates hinrichten. Bei anderen böhmischen Landesherren, wie bei König Jiri von Podebrad, fanden die Sorben Unterstützung, er gewährte den sorbischen Einwohnern von Lübben 1463 die gleichen Rechte wie den deutschen Handwerkern. Auch die Zünfte von Luckau und Cottbus erhielten sechzig Jahr später den Befehl, sorbische Handwerker aufzunehmen. Der Anteil an sorbischer Bevölkerung war in Luckau, Lübben, Cottbus, Calau, Beeskow und Storkow so hoch, dass sie die "Wendischen Sechsstädte" genannt wurden.
sorbische Landbevölkerung
Durch den Übergang der Grundherrschaft zur Gutsherrschaft wurde die Ausbeutung der Fronbauern weiter verstärkt und zahlreiche Bauernerhebungen, wie 1492 in Gersdorf oder 1511 um das Kloster Lauban, waren die Folge. Obwohl 1508 den Bauern das Waffentragen verboten wurde, kam es 1524 schließlich zum großen deutschen Bauernkrieg, an dem sich sorbische Bauern in Zapusta und der Herrschaft Hoyerswerda ebenso beteiligten wie die Untertanen des Klosters Marienthal. Zwanzig Jahre später erhoben sich die Sorben im Amt Schlieben, 1548 folgte die sorbische Landbevölkerung bei Luckau. Diese verweigerten nach der Flucht der Feudalherren auch dem böhmischen König den Gehorsam und errichteten eine dörfliche Selbstverwaltung unter einem gewählten sorbischen „kral“. Unter der Führung dieses Dorfkönigs eroberte eine große Bauerngemeinschaft schließlich die Stadt Luckau. Die „sorbischen Könige“ konnten erst nach Monaten durch königliche Streitkräfte vertrieben werden. In den Jahren 1551 bis 1602 verweigerten deutsche und sorbische Bauern auf Grund der verheerenden Ausbeutungen immer wieder die Frondienste. Die Bauernbewegungen wurden schließlich durch die Verluste im Dreißigjährigen Krieg vorerst beendet, viele der ländlichen Gebiete waren nach Plünderungen, Verwüstungen, Seuchen und Hungersnot bei Kriegsende nahezu unbesiedelt.